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AZRAEL

Tango Oper von Dirk D’Ase

Libretto von Dirk D'Ase und Silke Hassler

 

Am 11. Dezember, 2005 fand im Forum Trier die deutsche Erstaufführung der Tangooper Azrael von Dirk D’Ase statt. Wegen des grossen Erfolges bei Publikum und Presse wurde die Produktion auf  8 Vorstellungen verlängert.

Regisseur: Bruno Berger-Gorski

Dramaturgie: Dr. Peter Larsen

Mitglieder des Orchesters unter der Leitung von Christoph Jung

 

Pino: Laszlo Lukacs

Maria: Eva-Maria Günschmann

Spieler: Peter Koppelmann

Monsieur Azrael: Juri Zinovenko

Tangotänzer: Natalie Galitski und Reveriano Camü

 

 

AZRAEL

 

Diese Premiere war ein überwältigender Erfolg. Es scheint nun klar zu sein dass Astor Piazzola's Tango-Oper "Maria de Buenos Aires" durch AZRAEL einen sehr ernst zu nehmenden Konkurrenten bekommen hat.

W.V.,   Opera Gazet

 

Die Zeit frisst die Menschen

 

Starker Theaterabend: Die deutsche Erstaufführung der Tango-Oper "Azrael" von Dirk D'Ase im Trierer "Forum". Mit Dirk D'Ases zeitgenössischer Tango-Oper „Azrael" liefert das Trierer Theater ein herausragendes Stück Musiktheater in idealem Ambiente ab. Die Zocker-Tragödie mit philosophischem Tiefgang findet im „Forum", dem ehemaligen Franzosenkino, statt.

Ein stimmungsvoller Einstieg in Dirk D'Ases Oper, die den Tango völlig anders interpretiert: nahe am Original zu Beginn, dann immer weiter weg - bis sie ihn fast verliert und nur noch Antje Steens wunderbarer Bandoneon-Klang an die ursprüngliche Musik erinnert. Die Geschichte, die D'Ase und seine Librettistin Silke Hassler in klarer, kraftvoller, unverschwurbelter Sprache erzählen, ist düster. Bruno Berger-Gorskis packende Inszenierung schärft die Konflikte, arbeitet die Unentrinnbarkeit des Schicksals deutlich heraus.

„Azrael" zwingt zum Mitdenken und Mitfühlen. Die Musik von Dirk D'Ase macht es der Regie aber auch leicht, denn in ihr steckt alles, was in der Handlung passiert: enorme Spannung, dramatische Brüche, raffiniert eingefangene Stimmungen. Lautmalerisch, illustrativ untermalt sie das Geschehen, wirkt aber dabei eigenständig, nie wie ein Film-Soundtrack. Klar: Es handelt sich um im besten Sinne zeitgenössische Musik, zur wohligen Berieselung ungeeignet. Man muss sich darauf einlassen. Aber es gibt keinen experimentellen Selbstzweck, der das Publikum vertreibt. Für Leute mit offenen Ohren ein idealer Einstieg in aktuelle Klassik. Die Intensität seiner Szenen lässt das Publikum schaudern. Langer, intensiver Beifall beim Publikum. Eine Produktion, die man nicht verpassen sollte.

Trierer Volksfreund, Dieter Lintz

 

Die Zeit frisst die Menschen (vollständiger Artikel)

 

Starker Theaterabend: Die deutsche Erstaufführung der Tango-Oper "Azrael" von Dirk D'Ase im Trierer "Forum".

Mit Dirk D'Ases zeitgenössischer Tango-Oper „Azrael" liefert das Trierer Theater ein herausragendes Stück Musiktheater in idealem Ambiente ab. Die Zocker-Tragödie mit philosophischem Tiefgang findet im „Forum", dem ehemaligen Franzosenkino, statt.

Im Grunde sieht es nicht viel anders aus als sonst. Ein DJ-Pult, locker aufgestellte Barhocker und hohe Tische. Selbst die altar-artige Holzplattform in der Mitte würde wahrscheinlich nicht sonderlich auffallen, wenn sich Triers junge Club-Szene hier auf dem trendigsten Dancefloor der Stadt trifft. Nur die Musik ist etwas ungewohnt, und der Dress-Code der Tänzer. Aus dem Lautsprecher klingt ein Sound, der nach Carlos Gardel und Astor Piazolla duftet, und mitten im Publikum drehen fünf Tanzpaare in schickem Zwirn ihre Runden. Wobei „Runden" natürlich Unfug ist angesichts der typischen Tango-Bewegungen mit ihrer unnachahmlichen Mischung aus Geschmeidigkeit und Spannung, aus Fließendem und Abruptem. Regisseur Bruno Berger-Gorski lässt dem Publikum Zeit, einzutauchen in die Welt des Tangos, sich einzulassen auf einen Rhythmus, der mindestens so sehr Lebensgefühl ist wie Tanz.

Ein stimmungsvoller Einstieg in Dirk D'Ases Oper, die den Tango völlig anders interpretiert: nahe am Original zu Beginn, dann immer weiter weg - bis sie ihn fast verliert und nur noch Antje Steens wunderbarer Bandoneon-Klang an die ursprüngliche Musik erinnert. Die Geschichte, die D'Ase und seine Librettistin Silke Hassler in klarer, kraftvoller, unverschwurbelter Sprache erzählen, ist düster. Sie handelt vom spielsüchtigen Zocker Pino, der sein Geld an einen Falschspieler verliert und am Ende gar die sexuellen Dienste seiner widerstrebenden Frau verhökern muss, weil er sonst nichts mehr hat, was er setzen könnte. Im ohnmächtigen Zorn über seine Situation verprügelt er brutal seine Frau,  die dabei ihr ungeborenes Kind verliert. Als er kürz darauf selbst, getötet wird, schickt ihn der Todesengel Azrael zurück auf die Erde, um seinen letzten Tag erneut zu durchleben und diesmal alles besser zu machen. Doch die „zweite Chance" misslingt, Pino versagt erneut. „Die Zeit frisst den Menschen", lautet der erste und der letzte Satz des Stücks.

Bruno Berger-Gorskis packende Inszenierung schärft die Konflikte, arbeitet die Unentrinnbarkeit des Schicksals deutlich heraus. Pino, von Laszlo Lukacs mit zerrauftem Haarschopf als nicht einmal unsympathischer geborener Verlierer verkörpert, lässt es an Einsicht und Besserungsbereitschaft nicht fehlen. Es gibt Momente der Klarheit, in denen für Sekunden Glück, Liebe, Vernunft möglich scheinen. Aber der zynische Todesengel Azrael, der Pino aufgegeben hat, ein anderer zu werden, schafft selbst die Bedingungen, die es dem Spieler in seinem einfachen Gemüt unmöglich machen, seine Frau und das ungeborene Kind beim zweiten Versuch zu retten. Berger-Gorski gelingen Momente
von enormer Dichte und großer Radikalität, ohne Firlefanz und Schaumschlägerei.

„Azrael" zwingt zum Mitdenken und Mitfühlen. Die Musik von Dirk D'Ase macht es der Regie aber auch leicht, denn in ihr steckt alles, was in der Handlung passiert: enorme Spannung, dramatische Brüche, raffiniert eingefangene Stimmungen. Lautmalerisch, illustrativ un­termalt sie das Geschehen, wirkt aber dabei eigenständig, nie wie ein Film-Soundtrack. Klar: Es handelt sich um im besten Sinne zeitgenössische Musik, zur wohligen Berieselung ungeeignet. Man muss sich darauf einlassen. Aber es gibt keinen experimentellen Selbstzweck, der das Publikum vertreibt. Für Leute mit offenen Ohren ein idealer Einstieg in aktuelle Klassik. Das liegt auch daran, dass die Tango-Combo aus Mitgliedern des Orchesters unter Leitung von Christoph Jung sich selbst übertrifft. Vor allem Fred Bodens Schlagzeugpart, der neben dem vertrackten Rhythmus auch enorme melodische Aufgaben übernehmen muss, ist brillant, aber auch Lothar Breitmeier, Martin Form, Jian Cao, Petar Entchev und Josef Bonn stehen um nichts nach. Jung sorgt auch für eine stets punktgenau funktionierende Kommunikation mit den im Saal verteilten, mitten im Publikum singenden Akteuren, die allesamt Bestleistungen abliefern. Allen voran Laszlo Lukacs zeigt, was für ein differenzierter und bewegender Menschendar­steller er sein kann, wenn die Regie ihn dazu treibt. Die Intensität seiner Szenen mit Eva-Maria Günschmann, die seine Frau Maria mit beängstigender Präsenz verkörpert, lässt das Publikum schaudern. Auch Peter Koppelmann als skrupelloser Falschspieler und Juri Zinovenko als Azrael lassen keine Wünsche offen. Natalie Galitski und Reveriano Camü vom Trierer Ballett sorgen gemeinsam mit Paaren der Trierer Tango-Assoziation „AG Tango gusto" für das passende Flair. Langer, intensiver Beifall beim Publikum. Eine Produktion, die man nicht verpassen sollte. 

Trierer Volksfreund, Dieter Lintz

Letzter Tango der Verlierer.
Maxim: Azrael" von Dirk D'Ase. uraufgeführt

Er, ist der Prototyp des Verlierers, des glücklosen Spielers, des armen Trinkers: Pino ein Anti-Held, der seine Liebe zu Maria und sein ungeborenes Kind verrät, im letzten Tango der Gewalt ertrinkt. Doch ein Todesengel aus dem Jenseits zieht bei Dirk D'Ases Oper "Azrael" die bösen Fäden und verweigert im plüschigen Maxim die Erläuterung. Die motorisch-strenge Rhythmik des Tango hat den Cerha-Schüler D'Ase zu seiner Oper für das Ensemble "NetZZeit" inspiriert. Erotik, Stolz und Tod werden in immer neuen Variationen und Verfremdungen hörbar. Der dornige Weg zwischen Diesseits und Jenseits, zwischen Hoffnung und Zynismus wird in der fein gewobenen musikalischen Struktur erfahrbar. Ein Tanz als zarter Todesbote, als Studie humanen Scheiterns.

KURIER, 1. Mai 1999, PI

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